Interview mit Thomas Rau

Nun ist das neue Jahr schon vier Tage alt und ich setze mit meiner Interviewreihe fort. Diesmal stand Thomas Rau Rede und Antwort.

In seinem Weblog „Lehrerzimmer“ berichtet Thomas über den Lehrer- und Schulalltag in Bayern. Er ist einer der wenigen mir bekannten Lehrer, die schon recht erfolgreich in ihrem Unterricht das Internet und E-Learning nutzen. Doch lest selbst, was er genau zu diesem Thema zu sagen hat.

1. Ein sehr ungewöhnlicher Name für deinen Blog – was hat dich inspiriert?

„Lehrerzimmer“ war einfach naheliegend für mich. Rückblickend liegt das wohl daran, dass ich schon sehr früh Webseiten mit Häusern und Räumen verbunden haben. Meine erste Website, in liebevoll handgeschriebenem HTML, war wie ein Haus gestaltet, mit Bereichen wie Wohn- und Arbeitszimmer, Bibliothek, Dachboden, Keller. Ausgangspunkt war dabei wohl die Bildergalerie dort: Da wollte ich nämlich eine Seite nur quer statt vertikal scrollen, weil ich das vorher noch nie gesehen hatte (1996). Daher Bildergalerie. Und daher Haus. Und dann Lehrerzimmer als Erweiterung davon.

2. Warum schreibst du in einem Blog?

Weil’s mir Spaß macht. Weil ich meine Gedanken sammeln und Einblick in ein Lehrerleben geben will.

3. Welchen Themen widmest du dich?

Schule. Aber für einen Lehrer hängt fast alles irgendwie mit Schule zusammen. Außerdem noch Comics, und Erinnerungen an meine Jugendzeit. Wenig Analyse, mehr Beschreibung.

4. Du unterrichtest Deutsch, Englisch und Informatik – siehst du Verbindungspunkte in den Fächern?

Aber klar. In Informatik geht es sehr um Sprachen, und Chomsky ist für die Informatik wohl noch wichtiger als für die Linguistik. Informatik kommt von Information, die repräsentiert und interpretiert werden muss, und darum geht es auch in Deutsch. Präsentieren hat nichts mit Informatik zu tun, steht dort aber auf dem Lehrplan, und das braucht man in Deutsch genauso wie in jedem anderen Fach. Und Textverarbeitung auch. Englisch und Informatik treffen sich bei Textadventures und anderen Spielen.

5. Als Lehrer: Was sagst du zur Bildungsmisere in Deutschland?

Zu Deutschland kann ich nicht viel sagen, da ich mich nur in Bayern auskenne und sich die Bundesländer in viel zu vielen Aspekten unterscheiden. Das Hauptproblem sehe ich darin, dass der Zusammenhang zwischen Einkommen der Eltern und Bildungsabschluss sehr hoch ist. Am Gymnasium in Bayern bin ich auch mit vielem unzufrieden, aber das doch auf recht gemütlichem Niveau.

6. Welche Möglichkeiten siehst du, um dagegen anzukämpfen und wieder Lernmotivation bei den SuS auszulösen?

Motiviert sind meine Schüler eigentlich schon. In der Mittelstufe sind sie eher durch zuviele Prüfungen und Noten frustriert, in der Oberstufe allerdings ist für sie das Lernen viel weniger wichtig als die Noten – weil sie fürs Abitur schon einen guten Schnitt anpeilen.
Schön wäre es, wenn Schüler nach und nach mehr Verantwortung für Ihre Lernleistung übernehmen müssten. Noch ist der Lehrer für viel zu viel verantwortlich.

7. Welche Motivation steckt in dir Lehrer sein?

Es macht mir oft Spaß und ich habe oft das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun.

8. Was hältst du von Teamteaching bzw. dass Lehrer nicht mehr als Einzelgänger arbeiten sondern als Team sich z.B. Unterrichtsmaterialien austauschen?

Viel. Aber Materialien sind nicht das Problem. Es gibt schon jetzt eine unüberschaubare Fülle an Material, das nicht genutzt wird. Deutschlehrer arbeiten notorisch wenig mit Schulbüchern, vielleicht sollten wir das mehr tun. Zusammenarbeiten sollte man vor allem erzieherisch.

9. Was muss deiner Meinung nach in der Lehrerausbildung geändert werden?

Weniger Zentralismus und mehr Vorausschau. Im Moment gibt es Jahrgänge, wo nur die allerbesten genommen werden, und Jahrgänge, in denen fast jeder eine Stelle kriegt. Dazu zu viele Aushilfslehrer ganz ohne Ausbildung. Fortbildung halte ich aber für noch wichtiger als Ausbildung – egal wie die Ausbildung ist, wenn man sie hinter sich hat, darf man sich nicht auf die faule Haut legen können.

10. Was sind deine guten Vorsätze für 2009?

Bisher keine. Ich denke erst einmal bis Weihnachten. Danach sehen wir weiter.

Vielen Dank, Thomas für deine Antworten aus der Lehrerperspektive. Ich wünsche Dir ein erfolgreiches Jahr 2009 sowie weiterhin interessierte und motivierte SchülerInnen.

1 Kommentar zu „Interview mit Thomas Rau“

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