Das 10. Educamp – aufregend, emotional, kommunikativ und stilvoll

Nun ist es schon einen Monat her und das Jubiläums-Educamp ist beendet. Jedoch ist nur die Konferenz beendet, in der digitalen, virtuellen Welt geht das Educamp weiter. Schließlich heißt es: Nach dem Educamp ist vor dem nächsten Educamp! Aus diesem Grunde finde ich es auch nicht schlimm, dass ich erst jetzt dazu komme, über das 10. Educamp zu schreiben.

Mir liegen sehr viele Punkte auf dem Herzen, deshalb hier schon einmal die Vorwarnung, dass dieser Beitrag recht lang wird. Seit nun fünf Jahren finden sich immer wieder freiwillige Educamper, die diese (Un-)Konferenz organisieren, um es zu ermöglichen, dass Bildungsinteressierte und -aktivisten die Chance haben, sich persönlich an einem Ort über Bildungsprojekte sowie das Lernen im 21. Jahrhundert auszutauschen.

So geschah es auch in diesem Jahr: Marcel Kirchner, Dennis Brüntje und ihr Team stellten im Rahmen der Veranstaltung „gründen.lernen.wissen“ ein sehr vielfältiges Programm zusammen. Donnerstag und Freitag waren vor allem dem Thema gründen gewidmet. An diesen beiden Tagen bekamen Gründer die Möglichkeit, sich in einem entspannten Rahmen mit VC-Gebern zu unterhalten. Ich nutzte die Chance, um in Ilmenau anzukommen und zu schauen, welches Bildungsunternehmen denn demnächst an den Start geht.

Die StartUps haben meist mehr indirekt etwas mit dem Unterricht an sich zu tun, aber sie leisten Aufklärung und bringen vor allem Freude im außerschulischen Bereich. Lernen hat ja auch nicht immer etwas mit Schule zu tun. 😉 Für mich waren vor allem folgende sieben Unternehmen interessant und ich bin gespannt, wie sie sich entwickeln und wo deren Reise hingeht.

  • bitstars – entwickeln Augmented-Reality-Services
  • SmartNavi – ist die erste GPS-unabhängige und Schritt-basierte Navigations App für Android
  • cleverlize – hilft eigene Lern-Apps zu programmieren
  • draufhaber TV – Video-Community zum Erklären, selber Machen und Zeigen, was man kann
  • geosurfen – die App für das Outdoor-Abenteuer
  • scolibri – ein Werkzeug, dass Lehrern und Schülern hilft, ihren Alltag besser zu organisieren
  • sicherdeinweb – bewusster Umgang mit dem Internet

Am Freitag gab es einen fließenden Übergang von den Gründern zu den Edu-Hackern. Am Nachmittag gab es einige spannende Edu-Hacks. Ich habe mich der Gruppe angeschlossen, die ein Motivationsvideo zum Thema OER produzieren wollte. Leider sind wir an und in der Theorie hängen geblieben.  Es ist zwar traurig, dass wir kein Produkt erstellt haben, aber wir haben ein paar Lehrer für die Thematik sensibilisiert und so motiviert, sich mehr mit OER zu befassen und auch die Bewegung zu unterstützen.

Am Samstag und Sonntag war es so weit: Wie bei den vergangenen neun Educamps versammelten wir uns, um unsere spannenden Sessions zu planen, um uns auszutauschen und um über Lernen im 21. Jahrhundert nachzudenken. Das 10. Educamp wurde pünktlich begonnen. Hier findet man die fleißigen Edu-Twitterer.

Hier mein persönlicher Stundenplan für Samstag und Sonntag:

Wie man schon an meiner Auswahl sehen kann, war das Educamp mal wieder sehr vielfältig. Weitere spannende Themen könnt ihr dem Sessionplan entnehmen und weil fast alle Sessions dokumentiert wurden, könnt ihr euch auch inhaltlich sehr gut ein Bild machen. Ich picke hier punktuell ein paar meiner persönlichen Highlights heraus, auf die ich näher eingehen werde.

Mich persönlich interessiert vor allem die Thematik Gamification und wie man den spielerischen Ansatz in Lernkontexte übertragen kann. Aus diesem Grund habe ich auch eine Session angeboten, um mich mit Interessierten dazu auszutauschen. Glücklicherweise hatte ich ein paar Online-Lernangebote in der Tasche, sonst wäre die Gesprächsrunde etwas zäh geworden. Aber wir haben interessante Aspekte diskutiert, u.a.

  • wie viel Spiel sollte im Unterricht sein?
  • Kann man überhaupt den prüfungsrelevanten Stoff in ein Spiel packen?
  • Lenkt Spielen nicht vom Lernen/ dem eigentlichen Thema ab?

Auf diese Fragen gab es keine endgültige Antwort, was auch nicht schlimm ist. Dennoch denke ich, dass man mit spielerischen Elementen auch für trockene Unterrichtsthemen begeistern kann. Spielen heißt für mich auch nicht unbedingt, dass man Rätsel oder Würfelspiele oder Lern-Apps nutzt. Es fängt schon auch bei Formulierungen an. Ein Mathelehrer könnte z.B. sagen, wir begeben uns auf Entdeckungreise in die Geometrie. Also was ich sagen möchte, ist folgendes: egal wie trocken oder langweilig auch das zu Vermittelnde ist, es gibt immer einen Weg dafür Begeisterung zu schaffen.

Sehr spannend fand ich die Session von Corinna Lammert, die ein Werkzeug vorgestellt hat, welches sie nutzt, um auch die stillen, schüchternen Schüler in den Unterricht einzubeziehen. In der Session lernten wir TodaysMeet kennen. Dieses Tool funktioniert ähnlich wie twitter. In 140 Zeichen können sich die Schüler in einem vorher angelegten geschützten Raum einloggen und sich so am Unterrichtsgespräch beteiligen. Sie können wertvolle ergänzende Webseiten zusammen tragen, die das Thema bereichern oder aber auch ihre Aussagen und (Rück-) Fragen zum Thema treffen. Während der Stunde gibt es dann einen Verantwortlichen, der den Stream verfolgt und interessante Fakten auch direkt mit in die Stunde hineinträgt. Ich finde diese Idee echt sehr gut. So können die Schüler auch noch nach dem Unterricht in dem Stream nachschlagen und für sich relevante Informationen abspeichern, aber auch die ruhigen Schüler bekommen die Chance sich zu beteiligen und ihr Selbstwertgefühl wird gestärkt. Außerdem können bei einer Klassenstärke von 30 Schülern wirklich alle am Thema mitdiskutieren. Nur Mut und einfach einmal ausprobieren!

Ebenfalls sehr spannend war die Bildungsutopia-Session. Hier haben wir gemeinsam überlegt, wie Lernen, Schule, Universität und Weiterbildung im 21. Jahrhundert aussehen kann/sollte und wo die Entwicklng hingeht. Wir haben echt sehr inspirierende Ideen gesammelt. An dieser Stelle lasse ich die Fotos sprechen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Freud und Leid liegen oft dicht bei einander, so auch beim Educamp und ich werde versuchen hier recht knapp meine Gedanken zu den verschiedenen Eckpunkten zu äußern, die außerhalb der Bildungsthemen angesprochen worden sind. Mir persönlich liegen folgende Themen am Herzen:

  • Educamp – wo ist der nächste Veranstaltungsort?
  • Educamp – wie sieht die Finanzierung aus?
  • Wie verhalten wir uns bei solch einer Vernstaltung? – digitale Hausordnung

Educamp – wo ist der nächste Veranstaltungsort?

Das ist zwei mal im Jahr eine sehr zentrale Frage. Doch nicht nur das, sondern auch wer kümmert sich um die Organisation? Anfangs als die Educamp-Community noch recht klein war und die Abrechnungen über die TU Ilmenau liefen, ließ sich das recht komplikationslos klären. Seit 2010 gibt es den Educamp e.V. damit es weiterhin eine reibungslose Abrechnung geben kann. Bis dahin entwickelte sich das Educamp zu einer renommierten Veranstaltung, wurde immer bekannter und beliebter. Mittlerweile gibt es viele Educamper, die gern diese Veranstaltung in ihren Heimatort und/oder Bildungseinrichtung holen möchten. Damit es zu keinen Streitereien kommt, hat sich der Verein ein Auswahlverfahren ausgedacht, welches gerecht entscheidet. Ich stehe da voll und ganz hinter der Idee: Wer ein Educamp-Wochenende organisieren möchte, bewirbt sich mit seinem Grobkonzept beim Verein. Dieses Konzept wird dann der Community vorgestellt und diese kann ihr Interesse bekunden. Abschließend gibt dann der Vorstand seine Zu- bzw. Absage.

Für 2013 waren Hamburg und Berlin im Abstimmungsprozess. Die Kommentare waren auf beiden Seiten nicht gerade gehaltvoll, sondern eher diskriminierend, um nicht zu sagen fast schon sogar mobbend.

In den Hamburger Kommentaren findet man u.a. solche Sätze:

Weil Berlin einfach keine coole Stadt ist!

In Berlin ist sowieso schon jedes Event, das was auf sich hält.

In den Berliner Kommentaren findet man keine wirklichen Argumente, außer, dass man in Berlin wohnt (das waren die meisten Begründungen für Berlin)

Ich finde es schade, dass in der Community so viele studierte Menschen, dann doch so einfach gestrickt sind. Es wurde nicht nach dem Konzept entschieden, sondern einfach nach Sympathie oder Antipathie der Stadt gegenüber. Traurig. Da setzen sich beide Orga-Teams hin und machen sich Gedanken, wie sie ein spannendes Educamp organisieren können, wo sie ihren Schwerpunkt setzen möchten, versuchen einen angemessenen Ort zum Austausschen zu finden, opfern ihre Freizeit und alles was zurück kommt, sind solche Kommentare. Wo bin ich nur gelandet? Eigentlich erkennt man schon hier, wieviel das Educamp den Educampern bedeutet und wie groß oder klein? doch das Interesse ist. Hier sei angemerkt, dass sich direkt vor Ort einige darüber aufregten, ihnen fehle beim Educamp die Innovation und der Spirit von vor drei bis vier Jahren. Ich sage nur: Wie sieht es da mit der Eigeninitiative aus? Wenn mir etwas fehlt, dann sollte ich diese Lücke schließen, anstatt mit solchen Aussagen eine solche Veranstaltung zu torpedieren.

Educamp – wie sieht die Finanzierung aus?

Seit dem Educamp in Bielefeld wird darüber debattiert wie man das Educamp finanzieren kann? Das Educamp ist nicht die einzige (Un-)Konerenz in Deutschland, es gibt noch viele andere Barcamps, wie z.B. das CommunityCamp, Barcamp Stuttgart u.v.m. All diese Veranstaltungen werden über Sponsorings finanziert. Da hat sich noch keiner so aufgeregt, wie es die Situation beim Educamp ist. Mich interessiert brennend die Frage: Warum ist ein Sponsoring eines Barcamps mit der Thematik Bildung so immens diskussionswürdig und warum wird diese Debatte bei anderen Barcamps gar nicht erst geführt? Wo ist der Kern des ganzen Übels?

Ich persönlich spreche mich weiterhin für Sponsorings aus, die natürlich mit den Kriterien und der Vereinssatzung übereinstimmen sollen. Die Finanzierung des Educamps ist transparent einsehbar – bei anderen Barcamps ist das nicht gegeben. Ich würde auch die Idee des Crowdfundings unterstützen, wenn sie sich denn trägt, jedoch ist das ja ungewiss. Ich meine, wenn schon die Abstimmungsbeteiligung gering ist, die im übrigen nix gekostet hat, außer einen Klick – was soll dann erst werden mit einer Beteiligung, wenn die Educamper sich ihre Veranstaltung selbst finanzieren?

Warum muss aus der Educamp-Finanzierung solch ein riesiges Problem gemacht werden? Warum können wir nicht die Transparenz beibehalten?! Die Teilnehmer und Teilgeber sind mündig genug, abzuschätzen, wer da vor Ort ist und sind auch so kompetent die Sponsoren zu beurteilen.

Aller guten Dinge sind drei – also nun noch meine Gedanken zum letzten Punkt.

Wie verhalten wir uns bei solch einer Vernstaltung? – Brauchen wir eine digitale Hausordnung?

Ausgangspunkt des letzten Punktes sind Fotos von Kindern auf dem Educamp, die via sozialer Netzwerke verbreitet worden sind, aber auch Personen, die es nicht gewohnt sind so im Rampenlicht zu stehen und nicht zu wissen, was mit den Bildern passiert.

Ich denke wir benötigen keine digitale Hausordnung für das Educamp. Wichtiger ist aufzuklären! Ich bin dafür, dass über den mixxt-Newsletter informiert wird, dass auf dem Educamp viel fotografiert und gefilmt wird. Die Teilnehmer sollen sih dessen bewusst sein. Sollten einmal Kinder und Jugendliche vor Ort sein, so ist deren Privatssphäre zu schützen und diese dürfen nicht fotografiert werden, mit Ausnahme des Einvertändnisses der Eltern. Räume, in denen vor Ort live gestreamt wird oder eben Aufnahmen gemacht werden, werden gekennzeichnet. Hier sind wir wieder bei Transparenz und Aufklärung. Was das Verhalten im Umgang mit twitter angeht, da würde ich auch an die allgemeinen Kommunikationsregeln appellieren.  Bitte inhaltlich und sachlich bleiben! Persönliche Kritik dem Sessiongeber auch persönlich sagen, anstatt hinter seinem Rücken zu twittern.

So das war mein persönlicher Rücklick auf das Jubiläums-Educamp. Ich freue mich auf eine spannende Diskussion hier im Kommentarbereich.

Wer sich gern noch weitere Eindrücke machen möchte, dem seien hier eine Auswahl an Links zu anderen Blogbeiträgen empfohlen:

Zum Abschluss noch ein paar Impressionen vom letzten tollen Herbstwochenende in Ilmenau.

Ich freue mich auf das Educamp in Hamburg im Frühjahr 2013 und wünsche mir, dass wir alle gut gelaunt vor Ort wieder den Geist von 2008 beleben!

 

 

 

 

2 Kommentare zu „Das 10. Educamp – aufregend, emotional, kommunikativ und stilvoll“

  1. Hi Melanie,

    ein schöner, runder Bericht, der alle Aspekte einbezieht, die auch ich sehe.
    Zur Auswahl des Veranstaltungsortes möchte ich etwas sagen: Ich habe mich selbst nicht bemüht die Konzepte der Städte ein zu sehen. Irgendwie waren sie nicht so präsent. Vielleicht ist es eine gute Idee, sie auf der Abstimmungsseite zu verlinken. Ich muss aber auch eingestehen, dass teilweise die Zeit für die Auseinandersetzung fehlt. Als ich den Song gegen Berlin im Netz gesehen hatte, habe ich tatsächlich eine halbe Stunde nach einem Song für Berlin gesucht. Leider habe ich so schnell nichts gefunden und mich dann erschrocken wie viel Zeit ich ‚verplempert‘ hatte. Abgesehen davon war schon klar, dass es eher eine Entscheidung über die Reihenfolge der Austragungsorte ist. Es findet ja nun auch erst in Hamburg und dann in Berlin statt.

    Die Debatte über das Sponsoring kann ich auch nur vordergründig verstehen. Meine erste Reaktion war: ‚Bloß kein Sponsoring in der Bildung!‘ Als ich mir aber angesehen hatte unter welchen Bedingungen das Sponsoring stattfindet änderte sich meine Meinung dazu. Insgesamt ein plädiere ich für tiefer gehende Informationssammlung und Argumentation.
    Vielen Dank für den schönen Bericht mit Grüßen aus Bremen, Ruth

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